Die Geschichte des Diesels war nie eine der ganz großen Höhen. Doch im Schatten des Benzinmotors hat die Technologie auf europäischen Straßen bis heute ihre Bedeutung als wirtschaftliche und, zumindest beim CO2 -Ausstoß, lange Zeit sogar umweltfreundlichere Alternative aufrecht erhalten können. Mehr Leistungsfähigkeit bei geringerem Verbrauch überzeugten trotz höherer Anschaffungskosten viele Käufer des Diesels. Doch spätestens seit Bekanntwerden manipulierter Abgaswerte bei VW und dem weltweit wachsenden Bewusstsein für Klimawandel und -schutz, ist der Dieselmotor zu einem Thema der gesellschaftlichen und politischen Debatte geworden. Mögen sich Experten noch über die Folgen steigender Feinstaubbelastung streiten, Maßnahmen wie die neu erlassenen Fahrverbote in deutschen Großstädten sind nun ein Fakt, mit dem die Besitzer von Diesel-Fahrzeugen umgehen müssen. Neu sind sie im europäischen Kontext hingegen nicht: Bereits seit vielen Jahren gibt es ähnliche Einschränkungen für ältere Modelle in Städten wie Rom, London, Paris oder Oslo. Das Zentrum von Kopenhagen ist seit Anfang 2019 sogar gänzlich Tabu für Diesel-Fahrzeuge.
Deutschland ist dennoch eine Ausnahme. Denn die deutschen Autofahrer verbindet seit jeher eine besondere Beziehung mit der Antriebstechnolgie. Nirgendwo in Europa ist der Diesel so verbreitet, nirgendwo hält man so stoisch an ihm fest. Nach dem Diesel-Skandal, immer neueren Erkenntnissen der Klimafolgenforschung und Bewegungen wie “Fridays for Future”, müssen sich auch die größten Liebhaber des Diesel, genau wie die Industrie, mit möglichen Alternativen auseinandersetzen.
Der Traum von der elektrischen Zukunft
Das Fahrzeug, das in der öffentlichen Wahrnehmung als erstes als eine mögliche Alternative auf den Plan tritt, ist das Elektro-Auto. Elektrisch angetriebene Kraftfahrzeuge gibt es beinahe so lange wie das Automobil an sich. Allerdings wurde der Technologie seit jeher wenig Spielraum für echte Entwicklung zugestanden, lag der Fokus immer auf und die Innovationen im Bereich des Verbrennungsmotors. Erst seit den 1990er Jahren entwickeln sich ernsthaftere Bemühungen um marktreife Lösungen und die dafür benötigte Infrastruktur. Doch den ersten Generationen elektrischer Fahrzeuge stand für eine flächendeckende Verbreitung die limitierte Reichweite im Weg. Mit dem Aufkommen leistungsfähigerer Batterien und der Zugkraft von Firmen wie Tesla, gehört E-Mobiltät aber mittlerweile zu den aussichtsreichsten Alternativen zu Benzin- und Dieselmotoren. Noch sind die Anschaffungskosten derartiger Fahrzeuge zu hoch und das Netz von Ladestationen zu dünn, um eine ernsthafte Konkurrenz für konventionelle Antriebstechnologien zu sein. Staatliche Subventionen beim Kauf und konsequente Entwicklung seitens der Hersteller könnten Elektro-Autos in Zukunft deutlich attraktiver machen. Doch so gut die Vorstellung erscheinen mag, dass wir in unseren Städten bald von beinahe geräusch- und geruchlosen Automobilen umgeben sind: Es gibt Anlass zu gesunder Skepsis.
Obwohl im Gebrauch ohne Zweifel umweltschonender, mahnen Physiker, dass die Herstellung von Batterien und dem notwendigen Strom für den Betrieb der Autos über ihre Lebensdauer zu einer Schadstoffbilanz führt, die mit denen von Diesel und Benzinern vergleichbar ist.
Wasserstoff statt Rußpartikel
Eine weitere Technologie, die in den vergangenen Jahren viel Aufmerksamkeit erregte, ist der auf einer Brennstoffzelle basierende elektrische Motor. Von Wasserstoff angetrieben, ist er faktisch abgasfrei, geräuschlos und in Windeseile aufgetankt. Anders als fossiler Brennstoff, ist Wasserstoff auch langfristig nahezu unbegrenzt verfügbar. Er ist nicht nur das am häufigsten vorkommenden Element, sondern auch ein Nebenprodukt vieler industrieller Prozesse.
Der große Unterschied zu Elektromotoren mit Batterie besteht darin, dass die Fahrzeuge ihren Strom selbst herstellen. Der gasförmige Wasserstoff reagiert in der Brennstoffzelle mit Luft und produziert neben Wasser elektrische Energie, die den Motor schließlich antreibt. Forscher sehen allerdings auch hier erhebliche Widersprüche in der Ökobilanz der Technologie. Denn tatsächlich benötigt die Herstellung des Wasserstoffs in der Regel erheblich höhere Mengen Energie, als für den Strom eines konventionellen E-Autos notwendig ist. Mit fast 10 Euro pro Kilo, ist er zudem im Preis mit dem Diesel durchaus vergleichbar.
Das Beste aus zwei Welten
Als aussichtsreichste Technologie in den Diskussionen um einen Diesel-Ersatz gilt vielen das Hybrid-Auto. Bei diesen Fahrzeugen werden unterschiedliche Antriebstechniken kombiniert, in der gängigsten Variante dabei Benzin- und Elektromotor. Bereits jetzt sind etwa 170.000 Autos dieser Variante auf deutschen Straßen unterwegs. Grund für den Erfolg ist ausgereifte und vielfach erprobte Technik. Die Freiheit, nicht zwingend auf Ladestationen angewiesen zu sein, befreit Käufer von der Sorge um die limitierte Reichweite ausschließlich elektrisch betriebener Fahrzeuge.
Eine wirklich umweltschonende Alternative zu Benzin- oder Dieselmotoren sind aber auch die Hybriden nur bedingt. Zumindest auf langer Strecke, ergibt sich kaum eine Verbesserung in der ökologischen Bilanz. Etwas anders verhält es sich hingegen auf der Kurzstrecke oder im Stadtverkehr. Denn der durch häufiges Bremsen erhöhte Energieaufwand wird bei diesen Fahrzeugen in der Regel vom Elektromotor zugeführt. Staatliche Subventionen, wodurch Hybrid-Autos häufig unwesentlich teurer als ein vergleichbarer Benziner sind, machen sie durchaus attraktiv. Bei speziellen Varianten ist es mittlerweile sogar möglich, die Batterien direkt an der heimischen Steckdose aufzutanken.
Mehr als heiße Luft
Auch andere fossile Brennstoffe kommen als Alternative zum Diesel durchaus in Frage. So gibt es in vielen Städten bereits Erdgas-betriebene Busse oder Taxis. Bei privaten Käufern weckt das zumeist aus Biomethan bestehende Gas bislang noch nicht so viel Interesse wie es eigentlich sollte. Denn das Potential ist kaum von der Hand zu weisen: Nicht nur entsteht bei der Verbrennung von Erdgas rund ein Viertel weniger CO2 als bei Benzin sowie kaum Feinstaub, auch die Kosten für den Treibstoff sind erheblich niedriger. Gewonnen wird dieser beinahe ausschließlich aus organischen Rest- und Abfallstoffen und ist somit eine durchweg klimaneutrale Alternative zu fossilen Brennstoffen. Konventionelle Fahrzeuge lassen sich in der Regel schon für einen überschaubaren Betrag auf die Nutzung von Erdgas umrüsten.
So verführerisch Erdgas auf dem Papier auch erscheinen mag, die Zukunft der Technologie hängt wie schon im Fall des Elektromotors an der Bereitstellung flächendeckender Infrastruktur. Denn laut eigener Angabe, kann zum Beispiel die deutsche Erdgaswirtschaft nur auf rund 900 Tankstellen im Land verweisen. Für den Moment noch zu wenig, um nachhaltig umweltschädlichere Brennstoffe auf dem Markt zu gefährden.
Alles beim Alten
So breit das mögliche Spektrum an Optionen auch sein mag, die realistische Alternative zum Diesel nach jetzigem Stand, ist auch die am wenigsten Überraschende: Der Benzinmotor. In Anschaffung und Haltung günstiger, hat die technologische Entwicklung der vergangenen Jahre auch den Verbrauch spürbar absinken lassen. Über einen Mangel an Tankstellen müssen sich Europäer wenig Sorgen machen und auch der Kraftstoff selbst ist zuletzt immer sauberer geworden. Denn die strengeren EU-Vorgaben betreffen nicht nur den Diesel, sondern zwingen Hersteller auch bei Benzinern nachzubessern. Ganz konkret bedeutet das zum Beispiel den Einsatz von Partikelfiltern, wie sie beim Diesel Standard sind. Zudem haben sich die Kraftstoffpreise beider Varianten zuletzt immer mehr angenähert.
Es ist also durchaus realistisch, davon auszugehen, dass der Verbrennungsmotor mittelfristig die europäischen Straßen dominieren wird. Ob und wann es einen Wandel hin zu nachhaltigerer Mobilität geben kann, bleibt eine Frage, mit der sich vor allem die europäische Politik beschäftigen muss.