Rumänischer Gasexport: Eine Katastrophe in der Schwebe

Nach fast einem Jahr voller Spannung bleibt die Zukunft der rumänischen Gasexporte höchst ungewiss. Die Verbotsgesetze, die von der vorherigen Regierung 2018 verabschiedet wurden, bleiben in Kraft, während sich die neuen Schritte zur Erleichterung der Gasexporte als inkongruent erweisen.

Neptun Deep Stillstand

Am aufschlussreichsten ist vielleicht die mangelnde Entwicklung des Projekts Neptun Deep, einem Offshore-Tiefseefeld. Das Projekt, das derzeit von Production Romania unter Beteiligung von OMV Petrom und ExxonMobil Exploration betrieben wird, ist auf der Suche nach neuen Investoren. Die ersten Gerüchte, dass das Feld den Besitzer wechseln wird, kamen bereits im November 2019 auf. Im Januar 2020 gab der US-Energiekonzern Exxon Mobil offiziell seine Absicht bekannt, seinen Anteil zu verkaufen. Seitdem kam allerdings kein Abkommen zustande.

Der Grund dafür ist eine absurd strenge Politik bezüglich der Energieexporte aus Rumänien. Gemäß der aktuellen Gesetzgebung, sollen nicht weniger als 50% des geförderten Gases innerhalb Rumäniens verwendet werden, wobei die lokalen Endnutzer insbesondere priorisiert werden. Angesichts der Tatsache, dass die Produktion der rumänischen Gasfelder derzeit geringer ist als die Inlandsnachfrage (sie liegt bei etwa 90% der Nachfrage), ist das Resultat des Gesetzes effektiv ein Verbot von Gasexporten. Zu den Beschränkungen gehören auch Preisobergrenzen und Steuern.

Das Gesetz wurde während des letzten Regierungsperiode verabschiedet, um die Wähler mit dem Versprechen stärkerer Sozialleistungen zu locken. Die Steuern und Verpflichtungen erwiesen sich aber als unüberwindbare Barriere für die Energieproduzenten. „Damit die Schwarzmeerprojekte anlaufen können, ist es absolut notwendig, dass die gesamte, für die Investoren in Offshore-Ölfelder feindliche Gesetzgebung, die 2018 verabschiedet wurde, vollständig verschwindet“, sagte Mark Beacon, CEO von Black Sea Oil & Gas (BSOG), der von Agerpres zitiert wurde.

Die Gesetzgebung erwies sich jedoch als schwer zu ändern. Diese Maßnahmen stehen in engem Zusammenhang mit dem großzügigen Versprechen der Regierung, die Sozialausgaben im ganzen Land zu erhöhen, einschließlich einer 40%igen Erhöhung der Renten. „Wenn wir es nicht [realisieren], verlieren wir die Wahl“, wurde Orban in der Financial Times zitiert, als er festhielt, dass mehr als ein Fünftel der rumänischen Wähler Rentner sind.

Nun ist es das Bestreben des Kabinetts, nach den Parlamentswahlen im Dezember gegen die Verbotsgesetze vorzugehen. „Wir haben Gespräche mit Produzenten und Investoren im Schwarzen Meer geführt, denen wir versprochen haben, dass wir die Offshore-Gesetzgebung sofort verbessern werden, sobald wir eine andere Struktur im Parlament haben. So können die Investoren ihre Investitionen zurückgewinnen, indem sie im Rahmen einer stabilen, vorhersehbaren und vor allem nicht rückwirkenden Gesetzgebung arbeiten“, versprach Niculae Havrilet, Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft und Energie.

Im Angesicht all dieser komplizierten Manövern schrecken potenzielle Investoren jedoch davor zurück, aktiv zu werden. Selbst OMV Petrom und ExxonMobil, die sich bereits an dem Projekt beteiligen, konnten bisher keine Investitionsentscheidungen treffen.

Kettenreaktion

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Die Unentschlossenheit, von der das Projekt Neptun Deep geplagt wurde, wirkte sich bereits auf andere Initiativen aus. Es scheint, dass die Manager der BRUA-Pipeline, der künftigen Gasverbindungsleitung zwischen Bulgarien, Rumänien, Ungarn und Österreich, in Schwierigkeiten geraten sind. Die Pipeline befindet sich derzeit im Bau, ihr Hauptziel ist es, die Abhängigkeit der europäischen Nationen von russischen Lieferungen zu verringern. Ihre projektierte Kapazität beträgt in der ersten Phase 1,75 Milliarden Kubikmeter Gas. Die Kosten für den Bau der Pipeline werden auf 479 Millionen Euro geschätzt.

Im Frühjahr 2020 versäumten es die Pipelinefirmen, sich an der Verteilung der BRUA-Kapazitäten zu beteiligen, was ein kritischer Punkt für die zukünftige Entwicklung des Projekts war. Zwar spielte die Coronavirus-Pandemie dabei eine bedeutende Rolle, aber selbst nachdem der erste Schock nachließ, erwachte das Interesse an BRUA nie wieder.

Der rumänische Gastransportnetzbetreiber Transgaz trieb dennoch die Bauarbeiten mit der dritten und letzten Verdichterstation auf ihrem im August fertiggestellten Abschnitt voran. Aber der rumänische Abschnitt der Pipeline wurde sowohl von Investoren als auch von Experten weniger enthusiastisch aufgenommen, da sie befürchten, dass die Pipeline ohne die Schwarzmeerprojekte nur wenig für die europäischen Verbraucher zu transportieren haben wird.

„Wir hoffen, dass BRUA dieses Jahr abgeschlossen wird, aber da wir die Frage der Gasförderung im Schwarzen Meer nicht gelöst haben, frage ich mich, was wir durch diese Pipeline transportieren werden“, sagte Maria Manicuta von der rumänischen Energieregulierungsbehörde ANRE im Juni auf einer Konferenz von Focus Energetic.

Drohung einer Sackgasse

Nach einem pompösen Start kam BRUA abrupt zum Stillstand. ROHU – die zweite Phase des BRUA-Pipeline-Projekts auf ungarischem Boden – ist nicht angelaufen. Die Marktteilnehmer verschließen weiterhin die Augen vor dem Projekt. Ende Juli fror die ungarische Seite das Projekt einfach ein, bis die Entwickler von Neptun Deep garantieren können, dass das Projekt eine angemessene Menge an Erdgas exportieren wird.

„Neue Entwicklungen im Schwarzen Meer werden BRUA-2 ebenso brauchen wie BRUA-2 neue Entwicklungen im Schwarzen Meer braucht. Sie sind untrennbar miteinander verbunden“, so Mark Beacom, CEO von Black Sea Oil & Gas (BSOG) gegenüber S&P Global Plats. Er fügte auch hinzu, dass „das Fehlen eines freien und transparenten Marktes als Folge der schlechten Anbindung an externe Märkte das Vertrauen der Investoren in die Entwicklung von Gas in Rumänien untergräbt“.

Tatsächlich läuft Rumänien bei der Aufgabe, „freie und transparente Märkte“ im Energiesektor aufzubauen, die Zeit davon. Als EU-Mitgliedstaat ist das Land verpflichtet, sich erneuerbaren Energiequellen zuzuwenden. Die Wende wird durch den European Green Deal vorgegeben – den langfristigen Entwicklungsplan, der vorsieht, dass die EU bis 2050 die Klimaneutralität erreicht. Im September verabschiedete das Europäische Parlament ein strengeres Ziel für die Reduzierung der CO2-Emissionen – bis 2030 müssen die 27 EU-Länder nun die Treibhausgasemissionen um 55% (gegenüber dem Niveau von 1990) senken. Zuvor lag der Richtwert bei 40%.

Dies bedeutet eine große Belastung für das europäische Energiesystem. Bereits 2019 entschied die Europäische Kommission, dass die Beschränkungen, die die rumänische Regierung den Energieexporteuren auferlegte, rechtswidrig seien, und förderte damit nicht nur den Export, sondern auch die weitere Regalentwicklung. Doch der Europäische Grüne Deal impliziert gravierende Einschnitte bei der Förderung und Raffinierung konventioneller Energieträger wie Kohle, Öl und Erdgas. Jetzt drängt das Büro von Orban darauf, die Ressourcen Rumäniens stärker zu nutzen, bevor die Europäische Union den Einsatz von Gas verbietet, wie sie es bei der Kohle getan hat. Es wird aber immer wahrscheinlicher, dass Rumänien diesen Zug verpassen wird.